Autorenporträt: Sylvia Schmieder braucht zum Schreiben gewohnte Umgebungen und versucht immer wieder vergeblich, die Zaubertricks anderer AutorInnen nachzuahmen.

Foto: Patrik Schulz

Stellen Sie sich vor, Sie könnten sich selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreiben Sie?

In den von mir erfundenen Schreibkiste-Autorenporträts habe ich mit Vergnügen gelesen, wo andere AutorInnen überall schreiben: im Café oder im Zug, auf Schwarzwaldwiesen oder auf der Parkbank … Mein Schreibort ist so banal, dass er schon wieder aus der Reihe fällt: Ich arbeite fast ausschließlich zu Hause an meinem Schreibtisch. Ungewohnte, unruhige Umgebungen führen bei mir schnell zur Reizüberflutung, und mein Hirn schaltet dann in eine Art Überlebensprogramm. Nicht gut für die Kreativität. Dagegen habe ich am häuslichen Schreibtisch eigentlich noch nie unter Ideenknappheit gelitten.

Und wie machen Sie Pause?

Spaziergänge. Haus- oder Gartenarbeit. Ausflüge oder Urlaub.

Wie ist es zu Ihrer ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?

Für das Manuskript meines ersten Romans habe ich sehr lange nach einem Verlag gesucht. Ich habe allerdings immer wieder mutmachende Rückmeldungen bekommen, von Kollegen, Testlesern, Literaturagenturen, Verlagslektoren. Sonst hätte ich wohl aufgegeben. Ich habe gelernt, dass es im aktuellen Buchmarkt auf vieles ankommt, was nichts mit der Qualität des Textes zu tun hat. Bei dem kleinen Frankfurter Verlag edition federleicht hatte ich das Glück, auf eine mutige, unkonventionelle Verlegerin zu treffen, Karina Lotz, und auf ihre junge, begabte Lektorin, Dana Polz. Sie haben sich nicht für Schubladen, Genres oder Trends interessiert und einfach gesagt: Das ist gut, das machen wir.

Woran erkennen Sie einen guten Text?

Mir wird irgendwie feierlich zumute, ich bin verzaubert. Ich will, dass es nie aufhört. Gleichzeitig regen mich gute Texte immer sehr an, selbst zu schreiben. Ich ahne, wie es gemacht ist und will das selbst ausprobieren. Natürlich geht das immer schief. Im Gegensatz zu Berufszauberern können AutorInnen die Künststücke anderer nicht einfach nachhexen. Trotzdem lernt man.

Was bestimmt Ihren Alltag – neben dem Schreiben?

Unternehmungen und Gespräche mit meinem Mann und mit Freunden. Der tägliche Kontakt mit der Natur. Das Lesen der Texte anderer für Lektorate, Kurse, Schreibkreise. Die Freiburger Schreibkiste.

 

Sylvia Schmieder, geboren in Frankfurt/Main, studierte Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie in Freiburg/Breisgau, wo sie auch heute lebt. Sie arbeitete als Werbetexterin und Journalistin und schrieb nebenher literarische Texte für die Schublade. Im Januar 2016 kündigte sie ihre Stelle, um sich auf diese Art des Schreibens zu konzentrieren. Heute leitet sie mehrere Schreibwerkstätten, arbeitet als Lektorin und betreibt gemeinsam mit ihrem Mann die Website freiburger-schreibkiste.de. 2020 Arbeitsstipendium des FdS Baden-Württemberg. 2021 erschien ihr Roman „Saling aus dem Wald“ bei edition federleicht. Zahlreiche Veröffentlichungen von Lyrik und Prosa. sylvia-schmieder.de