Alexa Rudolph im Autorenporträt: Die Autorin und Malerin scheut nicht die Erinnerung an den Tod und die Möglichkeit der Liebe und legt beim Schlachten auch mal selbst Hand an.

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  1. Stell dir vor, du könntest dir selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreibst du?

Ich arbeite an einem riesigen, uralten Schreibtisch, den ich von meinem Vater geerbt habe. Mit diesem Trumm bin ich mehrfach umgezogen, wobei es jedes Mal zu einem Platz-Drama kam. Aber jetzt hat er seinen Ort gefunden. Auf seinem dunklen Holz sind noch Zeichen, Striche und Flecken von meinem Vater zu sehen…, diskrete und schöne Erinnerungen sind das. Manchmal stimmt mich das ein wenig traurig. Dann schaue ich blitzschnell auf die lustigen Familienfotos, die auch auf meinem Schreibtisch ihren Platz haben, und schon geht es mir wieder gut. Familie ist für mich wichtig, die muss ich unbedingt um mich herum haben (zumindest als Fotos) und die sehen mir alle beim Schreiben zu. Aber meistens schaue ich nach innen, denn dort brodelt es. Zurzeit schreibe ich an einem neuen Kriminalroman, und da geht’s mächtig ab. Ich arbeite ausschließlich am PC, der keine Spuren im Holz hinterlässt, nur meine Computermaus sieht schon ziemlich abgegriffen aus.

  1. Und wie machst du Pause?

Ich knabbere Nüsse, trinke Tee und renne auf dem Laufband. Dabei versuche ich nicht an meinen aktuellen Text zu denken. Auch wenn ich eine Schreibpause einlege, gehe ich auf gar keinen Fall ans Telefon. Das darf sich dann gerne tot bimmeln.

  1. Wie ist es zu deiner ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?

Mein allererstes Buch war ein Band mit Dreizehn ungehörigen Geschichten, das vom Freiburger modoVerlag herausgebracht worden ist. Ein wunderschönes Buch im Hardcover und als Titelbild eines meiner Gemälde, ein durch die Luft springender Hund.
modo versteht wirklich etwas von solider Buchdrucker-Kunst, ist aber leider kein Verlag für Belletristik, sondern eher für Malereikataloge. Ich war damals noch so eine Art „Zwitterwesen“, aber als schreibende Malerin, oder malende Schreiberin,  hat sich der Verleger für mich interessiert; so kam das Buch zustande. Es hat sehr gute Besprechungen bekommen. Dann kamen bei unterschiedlichen Verlagen ein Roman und einige Anthologien heraus und seither läuft eigentlich alles ganz easy. Als ich im vergangenen Herbst für meinen ersten Kriminalroman  Das Schweigen der Schweine einen passenden Krimi-Verlag gesucht habe, war das überhaupt kein Problem. Ich habe mich ein bisschen informiert, wer zu mir passen könnte, habe das Manuskript hingeschickt, zwei Wochen später eine Zusage bekommen, fertig.

  1. Woran erkennst du einen guten Text?

Für mich muss er unbedingt eine besondere Sprache haben (auch sorgfältige Übersetzung, falls er nicht in Deutsch geschrieben wurde). Ich habe gerade „Meine geniale Freundin“ von Elena Ferrante gelesen, aus dem Italienischen übersetzt von Karin Krieger. Das war ein Genuss. Außerdem sollte ein guter Text auch immer ein geheimnisvoller sein, der mich bis zum Schluss neugierig macht.

  1. Was bestimmt deinen Alltag – neben dem Schreiben?

Mein Alltag ist in der Regel gut strukturiert. Als Autorin brauche ich feste Arbeitszeiten, also auch Einkaufen, mich mit Freunden treffen oder Sport machen sind im Tagesablauf verankert. Mein liebster Leseplatz ist ein hässlicher, quietsch-gelber Ohrensessel von Ikea, in dem ich auch schon mal die Zeit vergesse. Am liebsten wandere ich jedoch im Gebirge herum, was ich gern viel öfter tun würde, als mir derzeit möglich ist.

Alexa Rudolph ist Autorin und Malerin. Geboren wird sie in Emmendingen, zieht bald darauf mit ihren Eltern nach Wehr, am Fuße des Hotzenwaldes in der Nähe zur Schweiz. Heute lebt sie in Freiburg. Nach Studienjahren und Elternzeit ist sie von 1986 bis 2006 als freischaffende Malerin tätig. 1992 erhält sie den Förderpreis der europäischen Wirtschaft für Malerei. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen und Ausdrucksmöglichkeiten in der Kunst, nimmt sie drei Jahre lang Unterricht am Institut für Theaterpädagogik, setzt nun minimalistische, urkomische Stückchen in Szene, zu denen sie ein Drehbuch schreibt und an außergewöhnlichen Orten aufführt, dokumentiert von der Videokamera Bodo Kaisers.

Die Erinnerung an den Tod und die Möglichkeit der Liebe hat Alexa Rudolph nie gescheut, im Gegenteil. Mit großer Neugier schaut sie zum Beispiel beim Schlachten zu und legt auch mal selbst Hand an. Ihre Performance auf dem Freiburger Tierfriedhof wird zu einer kuriosen Feier der Vergänglichkeit allen Fleisches.

2006  ist das Jahr der Entscheidung. Sie gibt ihr Atelier und das Ausstellen ihrer Bilder auf und widmet sich von da an ausschließlich der Literatur. Seither schreibt und publiziert sie Kurzgeschichten, Erzählungen, Kriminalgeschichten und Lyrik. Doch ihre Liebe zur Malerei bleibt und schaut ihr als guter Geist beim Schreiben über die Schulter. Man sagt, sie male mit Worten. Alexa Rudolph selbst meint: „Vielleicht lasse ich bei meinen literarischen Figuren auch einmal einen Maler auftreten – einen Maler, der Täter und Opfer ist, das würde mich reizen.“

Angeregt zum Schreiben ihres ersten Kriminalromans wurde Alexa Rudolph durch die Bücher der Schriftstellerin Patricia Highsmith, der es gelungen ist, eine Synthese zwischen Roman und Kriminalroman zu vollziehen.