Autorenporträt: Jakob Leiner sucht in Texten die Ebene der Unbändigkeit und schreibt Lyrik auch „to go“.
Stellen Sie sich vor, Sie könnten sich selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreiben Sie?
Meistens digital, am Laptop oder Handy. Vor allem Lyrik entsteht dabei oft auch „to go“, das heißt unterwegs in Straßenbahn, Zug oder beim Spaziergang. Die Aussagekraft der Momente muss stimmen, der Ort ist tatsächlich nachrangig. Feste Schreibzeiten versuche ich deshalb so gut es geht zu vermeiden. Wenn ein Zurückziehen nicht möglich ist, wird in Sätzen oder Versen grob skizziert und das intuitiv Gefundene später weiter ausgeführt.
Und wie machen Sie Pause?
Sofern ich das selbst bestimmen kann: Mit einem Kaffee und einem Schuss Milch. Davon 3-4 am Tag.
Wie ist es zu Ihrer ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?
Ungeplant. Ich hatte dem Berliner Autumnus Verlag im Jahr 2016 eigentlich ein Roman-Manuskript angeboten. Die Rückmeldung war positiv, nur zum damaligen Verlagsprogramm passte es nicht recht. Mit der einstweiligen Absage kam allerdings das Angebot für ein Kindersachbuch über Klassische Musik in der „Entdecke …“- Reihe des Verlags. Man wolle einen frischen, ungezwungenen Zugang zum Thema, ich sei offenbar musikalisch vorgeprägt und mit 24 Jahren noch recht jung. Ob ich es mir vorstellen könne? Das konnte ich und so entstand in wenigen Wochen „Entdecke die Klassische Musik“ und eine fruchtbare Verlag-Autor-Beziehung. Im Jahr darauf wurde das Programm um eine Lyrikreihe erweitert, die ich mit „Schrieben Farben die Musik“ mitbegründete. Wiederum ein Jahr später folgte dann mein Roman-Erstling „Die Arroganz des Kummers“.
Woran erkennen Sie einen guten Text?
An einer Ebene der Unbändigkeit.
Was bestimmt Ihren Alltag – neben dem Schreiben?
Nicht unbedingt nach Zeitanteilen sortiert: die Medizin, nach wie vor die Musik, Mineralogie, wechselnde Sportarten, derzeit Boxen, Bücher, der Wald, das Feld, die Bäume, Bildende Kunst, chronisches Selbstlektorat, mein soziales Umfeld, Psychologie/Philosophie, Holz und Wasser, Wohnungssuche, Fußball und die seltsame Mischung aus Neugier und Ungeduld.
Jakob Leiner, Jahrgang 1992, wuchs als Sohn einer Musikerfamilie im südpfälzischen Landau auf. Er war Jungstudent an der Hochschule für Musik Karlsruhe sowie langjähriges Mitglied im Landesjugendorchester Rheinland-Pfalz und im Bundesjugendorchester. Erste literarische Veröffentlichungen ab 2016 im Berliner Autumnus Verlag, zuletzt ebendort der Gedichtband „Nachlauf ist ein Kinderspiel“. Im renommierten Radius Verlag / Stuttgart erschien 2019 der Lyrikband „Ikarische Nummern“. Zudem publizierte er bereits in diversen Literaturzeitschriften. Seine schriftstellerische Tätigkeit reicht von Lyrik über Roman bis Kinderbuch. Abgeschlossenes Studium der Humanmedizin, derzeit als Arzt / Autor / Kulturrezensent im schönen Freiburg/Breisgau tätig.
www.jakobleiner.com
BÜCHER
Entdecke die Klassische Musik, Kindersachbuch, 55 Seiten, Autumnus Verlag / Berlin, 2016
Schrieben Farben die Musik, Gedichte, 86 Seiten, Autumnus Verlag / Berlin, 2016
Die Arroganz des Kummers, Roman, 268 Seiten, Autumnus Verlag / Berlin, 2017
Ikarische Nummern, Gedichte, 72 Seiten, Radius Verlag / Stuttgart, 2019
Nachlauf ist ein Kinderspiel, Gedichte, 86 Seiten, Autumnus Verlag / Berlin, 2020
Die Rhythmen der Unfähigkeit, Roman, 166 Seiten, Autumnus Verlag / Berlin, 2020
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