Der erste Literaturhaus-Lesemarathon spielte mit der Vielfalt Freiburger Literaturen in ungewöhnlichen Leseräumen.
In der Kirche der alten Universität riecht es nur vordergründig nach Weihrauch. In einer anderen Schicht des Bewusstseins tauchen ganz andere Gerüche auf: Benzin, Abgase und Kriegsangst. Der Übersetzer Tobias Scheffel liest die faszinierende Schilderung der Massenflucht unzähliger Franzosen aus Paris und dem Umland, kurz bevor die Wehrmacht kam, festgehalten in dem Buch „33 Tage“ von Léon Werth. Zuvor erinnerte Moderatorin Antigone Kiefner nicht zufällig daran, dass die ehemalige Jesuitenkirche, in der wir Zuhörer lauschen, wie alle Gebäude um uns herum im letzten Weltkrieg nahezu vollkommen zerstört wurde. Dann eine ganz andere Flucht- und Kriegsschilderung: Renate Klöppel liest aus ihrem Roman „Namibia Namibia“ über den doppelten Befreiungskampf nigerianischer Frauen.
In der bescheidenen Teeküche über den Arkaden des Innenhofs schart man sich um den Autor Ulrich Land, der in „Lolitas späte Rache“ heftige Gefühle aufeinanderprallen lässt. Anschließend, leise und hochsensibel, die Schilderung eines depressiven Bauers, der einer sterbenden Kuh beisteht: im Krimi „Das Schweigen der Schweine“ von Alexa Rudolph.
Über zwanzig AutorInnen und ÜbersetzerInnen lasen an ungewöhnlichen Orten rund um das neue Literaturhaus, moderiert von Mitgliedern des Literatur Forum Südwest. Der Andrang war groß, die Literatur-Erlebnisse so anregend, dass viele Zuhörer sich eine Wiederholung dieses Eventformats wünschen werden.