Stéphanie Heib im Autorenporträt: Die Lyrikerin verbringt die meiste Schreibzeit mit ihrem Notizbuch und empfindet das Schreiben als Pause.

1. Stellen Sie sich vor, Sie könnten sich selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreiben Sie?
Ich habe ein Notizbuch, in das ich alles eintrage. Einfälle, Zitate, Alltagsereignisse, Reflexionen. Ich schreibe ausschließlich Gedichte. Die Texte, die zu einem Gedicht werden, sind oft über mehrere Seiten hinweg immer wieder festgehaltene Neuansätze mit Streichungen und Ergänzungen, so dass sich mit der Zeit der Text herauskristallisiert, der Bestand hat. Auf diese Weise lässt sich auch der Erprobungsprozess zurückverfolgen, der mit der Löschtaste am Computer einfach wieder verschwinden würde. Erst den Text, der einer Endfassung am nächsten kommt, gebe ich in den Computer ein. Die meiste Schreibzeit verbringe ich also nicht am Schreibtisch, sondern an allen möglichen Orten.

2. Und wie machen Sie Pause?
Schreibpausen sind mit mehr oder weniger verordnet durch einen sehr ausgefüllten Alltag mit Kindern und einem Brotberuf. Aber oft empfinde ich das Schreiben selbst als Pause.

3. Wie ist es zu Ihrer ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?
Die erste Veröffentlichung von Lyrik nimmt in der Regel ihren Weg über Zeitschriften. Das Anwachsen der eigenen Bibliografie gleicht einem Schneeballeffekt, wobei der „Nachweis“ vorangegangener Veröffentlichungen als Visitenkarte für nächste mögliche Herausgeber dient. So war es auch bei mir.

4. Woran erkennen Sie einen guten Text?
Das ist zunächst eine emotionale Reaktion, die sich etwas allgemein als ästhetischer Begeisterungszustand formulieren ließe. Wenn ich diesen empfinde, kann ich für jeden Text versuchen herauszufinden, worauf er beruht – ist es ein Rhythmus, ein überraschendes Bild, die authentische Sprache, eine ironische Haltung…? Da beginnt Analyse.

5. Was bestimmt Ihren Alltag – neben dem Schreiben?
Siehe dazu, was ich auf die zweite Frage geantwortet habe. Leben und Schreiben gehören unbedingt zusammen. Hier eine Balance zu finden, dürfte für die meisten Schreibenden eine Herausforderung darstellen.

Stéphanie Heib ist Lehrerin für Musik und Deutsch und lebt seit 2004 in Waldkirch. 2007 erhielt sie den Sonderpreis Lyrik beim Nordhessischen Autorenpreis, 2009 kamen ihre Gedichte in die engere Auswahl beim lauter-niemand-Preis für politische Lyrik. Außerdem wurden Gedichte von ihr in namhaften Literaturzeitschriften und Anthologien veröffentlicht (z. B. Dulzinea, Torso) und zweimal im Jahrbuch der Lyrik, zuletzt 2013. Sie wird im Portal fixpoetry.de geführt unter https://www.fixpoetry.com/autoren/literatur/feuilleton/stephanie-heib

„zwei stimmen“ – Lesung mit Stéphanie Heib und Werner Weimar-Mazur in Waldkirch: Am Sonntag, den 2. Juli 2017, um 11 Uhr lesen Stéphanie Heib und Werner Weimar-Mazur unter dem Motto „zwei stimmen“ im Restaurant/Bistro „Mohreneck“ am oberen Ende des Marktplatzes in Waldkirch eigene Gedichte. Der Eintritt ist frei.