Jess Jochimsen im Autorenporträt. Er lässt sich gerne ablenken und schreibt in der „heißen Phase“ dennoch sehr diszipliniert.
1. Stell dir vor, du könntest dir selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreibst du?
Seit 14 Jahren miete ich ein kleines Büro, in dem ungestört arbeiten kann. Leider lasse ich mich gerne stören – von Büchern, die dort stapelweise herumliegen, von Zeitungsausrissen, von Notizzetteln, von Fotografien, von mit Ideen bekritzelten Quittungen, von meinen Musikinstrumenten und und und …
Wenn ich dann allerdings in die „heiße Phase“ eines Buchprojektes eintrete, schreibe ich sehr diszipliniert: ich beginne um 10 Uhr morgens, überarbeite die zwei bis drei Seiten, die ich am Vortag geschrieben habe, und schreibe die nächsten zwei bis drei. Immer am Computer.
2. Und wie machst du Pause?
Ich spaziere zum nahe gelegenen BIOSK, esse eine Suppe, trinke einen Espresso.
3. Wie ist es zu deiner ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?
Julika Jänicke, damals Lektorin bei dtv, heute Verlagsleiterin Sachbuch bei Ullstein, stieß Ende der 90er Jahre durch Zufall auf Kolumnen von mir und besuchte daraufhin ein Bühnenprogramm. Ein paar Tage später gingen wir Kaffee trinken und sie lud mich ein, es mit einem Buch zu versuchen. Ich nahm die Einladung an und habe das bis heute nicht bereut.
4. Woran erkennst du einen guten Text?
Daran, dass in jeder einzelnen Zeile mitschwingt: „Diese, und nur diese, Geschichte will ich erzählen!“
5. Was bestimmt deinen Alltag – neben dem Schreiben?
Lesen. Lesen. Lesen. (Was, findet sich hier, in einer langen Liste von mir empfohlener und beschriebener Lieblingsbücher.)
Und irgendwann der irrsinnige Wunsch, an einem eigenen Buch weiterzuschreiben.
Und dann natürlich noch das, wofür ich alles stehen und liegen lasse: Geliebte Menschen. Gutes Essen. Ein Fußballspiel. Eine „Pulse of Europe“-Demo. Ein Konzert. Ein anderes Buch. Ein…
Jess Jochimsen, 1970 in München geboren, studierte Germanistik, Politikwissenschaft und Philosophie und lebt als Autor und Kabarettist in Freiburg.
Neben seiner Bühnentätigkeit verfasst Jess Jochimsen Kolumnen, Satiren und Essays u.a. für die „Frankfurter Rundschau“, das „SZ-Magazin“, die „taz“ und den WDR.
2000 erscheint sein erstes Buch „Das Dosenmilch-Trauma“ bei dtv. Es folgen die Erzählsammlungen „Flaschendrehen“ und „Krieg’ ich schulfrei, wenn du stirbst?“ sowie die Bildbände „DanebenLeben“ und „Liebespaare, bitte hier küssen!“
2011 wird der Monolog „Was sollen die Leute denken“ unter dem Titel „Und draußen blüht es dir“ im Theater Rampe in Stuttgart als Ein-Personen-Stück uraufgeführt wird (Regie: Eva Hosemann). Der Roman „Bellboy“ (2005) wird zur Grundlage für Christian Lerchs Film „Was weg is’, is’ weg“, der 2012 in die Kinos kommt.
2017 erscheint der Roman „Abschlussball“, wiederum bei dtv.