Im Autorenporträt: Sibylle Zimmermann – schreibt niemals am Schreibtisch und träumt oft von ihren Geschichten.

sibylle-zimmermann-pressefoto1. Stell dir vor, du könntest dir selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreibst du?

Besonders gerne schreibe ich auf meiner Lieblingsinsel, Naxos, das ist eine angenehm ruhige Insel in der Ägäis. Ich schreibe eher in einem größeren Schub als in kleinen Portionen. Das hängt damit zusammen, dass ich einige Zeit brauche, bis ich den Kopf frei bekomme. Dann aber läuft es sehr gut und über viele Stunden pro Tag. Meine bevorzugte Schreibhaltung ist in einem Sessel sitzend, Füße hoch und einen Schreibblock auf dem Schoß. Die erste Version schreibe ich immer von Hand mit einem sehr gut laufenden Füller (mein alter Pelikan Kolbenfüller, zu dem ich eine innige Beziehung habe!). Sollte ich nicht auf der Insel schreiben, dann zu Hause im Wohnzimmer oder auf dem Balkon mit Blick ins Grüne. Niemals am Schreibtisch.

2. Und wie machst du Pause?

Wenn ich im Schreibfluss bin, höre ich zwar hin und wieder auf zu schreiben, weil mir die Hand weh tut oder ich etwas essen muss, aber gedanklich mache ich tatsächlich über mehrere Tage oder Wochen gar keine Pausen. Ich bleibe die ganze Zeit in der Geschichte, lebe darin und träume meist auch davon.

3. Wie ist es zu deiner ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?

Das war sehr spannend. Ich habe zu der Zeit in Berlin gewohnt und die dortige sehr lebhafte und selbstbewusste literarische Szene hat mir klar gemacht, dass ich einen Erstlingsroman im sogenannten literarischen Bereich (also keinen Genre-Roman)  ohne Beziehungen niemals veröffentlicht bekomme. Ich habe dann zaghaft 10 Manuskriptkopien weggeschickt und nach zwei Tagen die erste Zusage und nach einer Woche die zweite Zusage erhalten. Soviel zu den Unkenrufern, die immer so gut Bescheid wissen …

4. Woran erkennst du einen guten Text?

Ein richtig guter Text fühlt sich für mich beim Lesen exakt an wie Verliebt-Sein.

5. Was bestimmt deinen Alltag – neben dem Schreiben?

Da ich Kurse in kreativem Schreiben an der Universität und im Zentrum für Schreibtraining gebe, ist mein Alltag davon bestimmt. Und vom Genießen der Natur, ich fahre gerne Rad, da bekomme ich einen freien Kopf und ich schwimme oft. Daneben bin ich auch sehr gesellig, treffe mich gerne mit Leuten, zum Beispiel bei einem Lagerfeuer, die Freude daran habe ich mir seit meinen Pfadfinderzeiten immer noch bewahrt.

Sibylle Zimmermann ist in Freiburg geboren und aufgewachsen, zog dann zum Studium nach Tübingen, verbrachte viele Jahre im anderssprachigen Ausland (Schwaben, Bayern, Berlin, Israel, Australien) und kehrte schließlich vor ein paar Jahren wieder nach Freiburg zurück.

Beruflich hat sie die klassische wilde Vorgeschichte, die so viele Schriftsteller haben, bevor sie zum Schreiben kamen. Sie begann als Schäferin, machte vernünftig weiter als Biologin, arbeitete tapfer im Pharma-Management, studierte dazwischen aus verständlichen Gründen Literaturwissenschaft, brachte als Unidozentin in Australien ziemlich vielen Studenten alles mögliche bei, und erlebte noch ein paar weitere seltsame Abenteuer, bevor sie endlich da landete, wo sie immer schon hin wollte: beim Schreiben.

Heutzutage ist sie Dozentin für kreatives Schreiben an der Universität Freiburg und im von ihr gegründeten Zentrum für Schreibtraining (www.kreatives-schreibtraining.de) in Freiburg . Sie hat als Herausgeberin Anthologien veröffentlicht und ist Jurymitglied des Freiburger Krimipreises.

Außerdem schreibt sie Kurzgeschichten und Romane, literarisch und kriminell. Sie wurde 2011 mit dem Agatha-Christie-Preis ausgezeichnet, was sie sehr gefreut hat, denn das Abendessen bei der Preisverleihung in München, zu dem sie von der netten Lektorin der Fischer Verlage eingeladen wurde, war ausgesprochen lecker. Auch als sie für den renommierten Friedrich-Glauser-Preis vom Syndikat nominiert wurde, gab es in Mönchengladbach ein richtig gutes Essen!  Als sie allerdings zum ersten deutschen E-Book-Preis nominiert wurde, gab es nichts zu essen, was in der Erinnerung immer noch ein bisschen schmerzhaft ist für sie. Zumindest berichten das ihre engsten Vertrauten.