Der Urlaubs-Lesetipp von Jess Jochimsen: William E. Bowmans „Die Besteigung des Rum Doodle“ ist ein wahnsinniges Wunderwerk.

©Albert J. Schmidt

Jess Jochimsen, ©Albert J. Schmidt

von Jess Jochimsen, Kabarettist, Autor, Fotograf, siehe http://www.jessjochimsen.de.

Ich riskiere es, Eulen nach Athen zu tragen und mich in die Gesellschaft von Elke Heidenreich und Jürgen von der Lippe zu begeben, welche dieses, zur unbedingten Lektüre anempfohlene, Schriftgut (anlässlich der Taschenbuchausgabe) in den Himmel hoben. Eine „Wiederentdeckung“, ein „Kultbuch“, so konnte man hören. Ich würde eher sagen: ein wahnsinniges Wunderwerk.

Es mag sein, dass diese Geschichte noch zwerchfellerschütternder ist, wenn man weiß, dass sie bereits 1956 geschrieben wurde, nur drei Jahre nach der Erstbesteigung des Mount Everest, zu einer Zeit also, in der Bergsteigen so etwas wie die „Fortführung des Krieges mit anderen Mitteln“ war. Wurden in den 1930er und 40er Jahren noch die Alpen propagandistisch ausgeschlachtet, so verlagerte man nach dem Krieg die hochalpinen Aktivitäten in den Himalaya. Als „Schicksalsunternehmungen nationaler Tragweite“ bezeichnet das der Reisejournalist Andreas Lesti in seinem klugen Nachwort und weist darauf hin, dass „jede Nation ihren eigenen Schicksalsberg“ hatte (die Engländer den Mount Everest, die Deutschen den Nanga Parbat, die Italiener den K2 und die Franzosen den Annapurna). Kurzum: In dieser Dekade sind „Expeditionen […] Feldzüge und Bergsteiger Soldaten – und die Berichte darüber sind humorlos, ernst und unerträglich.“ (A. Lesti)
Und dann kommt dieser englische Ingenieur daher und schreibt in seiner Freizeit ein Buch, das in puncto Witz – bis heute – alles in den Schatten stellt, was nicht bei drei auf dem Gipfel ist. Die Besteigung des Rum Doodle ist die Geschichte einer (fiktiven) Himalaya-Expedition, bei der alles, aber auch wirklich alles schief geht, was schiefgehen kann. Man kann sich beim Lesen nicht dagegen wehren, bei den Expeditionsteilnehmern ständig die Mitglieder von „Monty Pythons Flying Circus“ vor Augen zu haben: den Navigator, der trotz Kompass noch nicht mal zum ersten Treffpunkt findet, den Arzt, der dauernd krank ist, den unter Antriebslosigkeit leidenden Hauptkletterer, den (englischen!) Koch, dessen Qualitäten jeder Beschreibung spotten, und den Übersetzer, der die Sprache der Einheimischen nicht versteht, weswegen er 30.000 statt 3.000 Träger engagiert … Und am Ende haben haben sie auch noch den falschen Berg bestiegen!Bill Bryson, der wahrscheinlich beste (und mit Sicherheit humorvollste) Reiseschriftsteller der Welt fällte vor fast auf den Tag genau 15 Jahren ein Urteil, das bis zum unwahrscheinlichen Beweis seines Gegenteils Gültigkeit besitzt: Die Besteigung des Rum Doodle ist „das lustigste Buch, das Sie jemals lesen werden.“

William E. Bowman, Die Besteigung des Rum Doodle, Goldmann Verlag, 9,99 €