Im Autorenporträt: Renate Klöppel. Sie liebt, was ihre Schreiborte betrifft, die Abwechslung und verbringt auch viel Zeit am Cembalo.
- Stell dir vor, du könntest dir selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreibst du?
Am Schreibtisch sitzend, nur den Bildschirm vor Augen: So werde ich mich nicht beim Schreiben beobachten. Wann immer es das Wetter zulässt, schreibe ich draußen. Oft sitze ich auf meinem in eine Handtasche passenden Klappstühlchen mit dem Laptop auf den Knien auf einer Wiese am hinteren Schlossberg oder einer Bank auf dem alten Friedhof. Ich liebe die Abwechslung. Alle schönen Orte aufzuzählen, wo ich in Freiburg und Umgebung schon geschrieben habe, würde hier den Rahmen sprengen. Auch im Schwarzwald habe ich Lieblingsorte: das ruhige Ufer des Schluchsees, eine Bank am kleinen Weiher in Hinterzarten oder ein ruhiges Plätzchen am Schauinsland, dort sogar im Schnee, wenn es in der Höhe viel wärmer ist als unten in Freiburg. Es muss auch nicht immer der Laptop dabei sein. Seit rund fünfzehn Jahren begleitet mich mein handtellergroßer PDA, auch Handheld-Computer genannt, auf dem große Teile mehrerer Romane entstanden sind – und auf dem ich jetzt auf einer Streuobstwiese im Markgräfler Land die Fragen beantworte.
Gern schreibe ich auch im Zug – mit Oropax in den Ohren – oder in einem Cafe. Zuhause schätze ich das Wohnzimmer mit Blick nach draußen und nach Einbruch der Dunkelheit mit Sicht auf Bäume vor einer Straßenlaterne.
- Und wie machst du Pause?
Wenn der Schreibfluss stockt, reicht es meist aus, einfach ein Stück weiterzugehen oder mit dem Rad weiterzufahren und eine andere Umgebung, eine andere Aussicht zu suchen. Ich lese und überarbeite meine eigenen Texte gern und ausgiebig, auch diese Tätigkeiten sind Pausen beim für mich anstrengenderen Schreiben von neuen Teilen. Längere Pausen mache ich in der Regel nur, wenn mich Verpflichtungen vom Schreiben abhalten, ansonsten beende ich, wenn es nicht mehr läuft, das Schreiben für diesen Tag ganz und wende mich den Dingen zu, die dringend erledigt werden müssen.
- Wie ist es zu deiner ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?
Zunächst habe ich vier Sachbücher geschrieben, es hätten auch noch weitere folgen können. Ich fühlte mich aber zunehmend unwohl, weil ich zu den unterschiedlichen Themen für Vorträge und Seminare als Expertin eingeladen wurde. Weiterhin schreiben wollte ich, mich ausgiebig in neue Themen einarbeiten ebenfalls. Beides konnte ich in meinen Romanen verwirklichen. Mein erster Roman war ein Krimi, den ich, obwohl ich noch in Schwenningen wohnte, in Freiburg angesiedelt habe. Dort gibt es die Uni, an der mein Medizinprofessor Alexander Kilian seine Wirkungsstätte hatte. Diese regionale Verortung erwies sich als entscheidender Türöffner, um einen Verlag zu finden. Nachdem mein Manuskript bei den großen Verlagen nicht landen konnte – von meinen Sachbüchern war ich gewohnt, auf Anhieb eine Zusage zu bekommen – hatten gleich drei Freiburger Verlage Interesse daran. Erschienen ist „Der Mäusemörder“ dann im Schillinger Verlag, dem ich treu blieb, bis ich ab dem vierten Krimi zu Piper wechselte.
- Woran erkennst du einen guten literarischen Text?
Das erste Kriterium ist für mich die Sprache. Deswegen reichen mir oft schon zwei drei Sätze, um zu wissen, ob ich ein Buch lesen mag oder nicht. Beschränkt sich die Sprache auf alltägliche Formulierungen oder benutzt sie klischeehafte Beschreibungen, ist der Text für mich uninteressant. Ordinäre Ausdrücke stoßen mich ab, selbst wenn sie im Kontext passend sein mögen. Ein guter Text muss mich mitnehmen, sodass ich das Gefühl habe, mitten im Geschehen zu sein. Ein guter Text bleibt noch in meinem Bewusstsein, wenn ich das Buch zugeschlagen habe.
- Was bestimmt deinen Alltag – neben dem Schreiben?
Ich habe vier Enkelkinder, zwei in Bern, zwei im Kanton Zürich, da kommen fast 20 Wochen im Jahr zusammen, in denen entweder die einen oder die anderen oder alle gleichzeitig Schulferien haben. Kein Wunder, dass die berufstätigen Eltern zur Ferienbetreuung oft auf die Großeltern, das heißt auf meinen Mann und mich, angewiesen sind. Viel Zeit verbringe ich auch am Cembalo, an den meisten Tagen sind das ein bis zwei Stunden oder noch mehr. Dann gibt es noch einen schönen Garten und gemeinsame Unternehmungen mit meinem Mann, und ganz ohne Hausarbeit funktioniert der Alltag auch nicht.
Renate Klöppel ist promovierte Kinderärztin. Nach Jahren der Berufstätigkeit studiertes sie von 1986 bis 1991 an der staatlichen Hochschule für Musik in Trossingen bis zum Abschluss als Diplommusiklehrerin ab. Schon während des Studiums war sie dort von 1987 bis 2007 Dozentin. In dieser Zeit entstanden vier Sachbücher, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden.
Seit 1999 widmet sich Renate Klöppel der belletristischen Schriftstellerei. Der erste Roman, Der Mäusemörder, ein im Freiburger Universitätsmilieu spielender Kriminalroman, erschien Januar 2001 im Freiburger Schillinger Verlag. Der erste literarische Roman, Der Pass, ist im Frühjahr 2002 im Rotbuch Verlag Hamburg als Hardcover erschienen und wurde in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung komplett abgedruckt. 2002 folgte ein zweiter Krimi mit denselben Hauptpersonen wie der erste unter dem Titel Die Tote vom Turm. 2005 erschien mit Die Farbe des Todes ist Schwarz ein weiterer Krimi, wieder mit Alexander Kilian in der Hauptrolle. Seit 2009 wird die Reihe im Piper Verlag fortgesetzt. Das erste Buch war Der Kapuzenmann, 2011 folgte Schlangensaat und 2013 Blutroter Himmel. Im Frühjahr 2015 erschien ein weiterer Krimi unter dem Titel Stumme Augen und im Herbst 2015 ein Afrikaroman unter dem Titel Namibia – Namibia, beide im Wellhöfer Verlag. Zwei neue Bücher kamen im Herbst 2018 auf den Markt: Der Roman Ein anders Leben findest du allemal im Wellhöfer Verlag und das Kinderbuch Nico, Emmi und der Wetterfrosch im Mirabilis Verlag.
Renate Klöppel ist im Vorstand vom „Literatur Forum Südwest e.V“, dem Trägerverein des Literaturhauses Freiburg. Außerdem ist sie Mitglied bei den Bücherfrauen, Regionalgruppe Freiburg.