Im Autorenporträt: Daniela Engist hat ihren Job als „Managerseelenstreichlerin“ gekündigt, um literarische Texte zum Klingen zu bringen.

(c) Anja Limbrunner

1. Stellen Sie sich vor, Sie könnten sich selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreiben Sie?

Ein bisschen wie die Instagram-Version von Spitzwegs armen Poeten: im Bett mit dem MacBook auf den Knien und zwei dicken Kissen im Rücken. Zum Überarbeiten setzte ich mich dann doch an meinen weißen, sehr aufgeräumten Schreibtisch mit dem großen Monitor. Ich schreibe recht langsam, meist nicht mehr als einen Abschnitt am Tag, dafür sehr regelmäßig und diszipliniert, zwei bis drei Stunden am Vormittag.

2. Und wie machen Sie Pause?

Gar nicht. Meine Pause wird gemacht! Ab 13 Uhr lebe ich den normalen Familienwahnsinn mit zwei Kindern. In unproduktiven Phasen gehe ich gerne mal ein bisschen im Internet spazieren, scrolle mich durch Nachrichtenportale, lasse Überschriften vorbeirauschen… Wörter, Sinnschnipsel, Satzfetzen – manchmal erzeugt das Resonanzen.

3. Wie ist es zu Ihrer ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?

Mein Ansatz war ziemlich radikal mit zwei Prämissen: Entweder bin ich ganz Schriftstellerin oder gar nicht, und als Form kommt nur der Roman in Frage. Also habe ich eines Tages meinen erfolgreichen, sicheren Managementjob gekündigt und einfach angefangen. Die Reaktionen reichten von blankem Entsetzen bis zu komplizenhaft vorgetragenen Geständnissen: Ungefähr jeder dritte Kollege entpuppte sich als verhinderter Autor mit irgendwelchen Manuskriptideen in der Schublade … Mein Minimalziel war, den Roman tatsächlich fertig zu schreiben. Als es dann so weit war, tat ich genau das, wovon immer abgeraten wird: das Manuskript unaufgefordert an ausgewählte Verlage senden. Am Ende haben sich gleich drei Verleger um mein Buch bemüht. In der Kurzfassung hört sich das so einfach an! Das ganze Auf und Ab kann man in meinem Blog nachvollziehen https://www.daniela-engist.de/blog/.

4. Woran erkennen Sie einen guten Text?

Das kommt ganz auf den Zweck des Textes an. Es gibt Gebrauchstexte, bei denen es schlicht ein paar Grundregeln zu beachten gilt, und schon wird es gut. Handwerkliches Texten eben. Ich habe als Journalistin gearbeitet, als Texterin, als Redenschreiberin – darin kann man besser oder schlechter sein, aber nichts davon ist Hexenwerk. Bei guter Literatur passiert durchaus etwas Magisches. Da entsteht etwas zwischen den Zeilen, irgendwie in den Lücken, hinter dem reinen Material der Sprache. Ein guter literarischer Text hat etwas zu sagen ohne seine Botschaft hinauszuposaunen, er hat Form und er muss klingen, im doppeltem Sinne von Klang haben und etwas zum Klingen bringen. Ich habe eine sehr subjektive Herangehensweise an Texte, fremde und eigene. Zum Glück bin ich keine Kritikerin und Literaturwissenschaftlerin höchstens noch auf der Promotionsurkunde, weil ich neben der Linguistik und Anglistik blöderweise noch ein drittes Fach fürs Rigorosum gebraucht habe.

5. Was bestimmt Ihren Alltag – neben dem Schreiben?

Meine Familie, ein kleiner Rest kompensatorischer Hang zum Luxus aus meinem früheren Leben und das Ausschauhalten nach spannenden Menschen.

Daniela Engist, geboren 1971 im Schwabenland, kam vor fast 30 Jahren nach Freiburg zum Studieren und blieb, wie so viele. Studierte Germanistik, Anglistik und anfangs auch ein bisschen Musikwissenschaft. Behauptete in ihrer linguistischen Doktorarbeit, dass der Dialekt nicht aussterbe – unter gewissen Umständen. Freie Journalistin, PR-Managerin, »Managerseelenstreichlerin«. Nach dreizehn Jahren bei multinationalen Konzernen in der Schweiz tauschte sie Brot gegen Kunst und widmet sich seitdem dem Schreiben. »Kleins Große Sache« ist ihr Debütroman. www.daniela-engist.de ; www.facebook.com/DanielaEngistAutorin