Lesetipp von Jess Jochimsen: „Billy“ von einzlkind. Gescheit und umwerfend witzig geschriebener Thriller um einen schottischen Auftragskiller mit Vorliebe für die Philosophie Nietzsches.

Bei meinem zweiten absoluten Lieblingsbuch 2016 wusste ich schon vor der Lektüre, dass ich Spaß und Freude haben würde, aber mit einem derartig großartigen Ritt hätte ich nicht gerechnet.
Schon in seinen ersten beiden Romanen hat der Mann bewiesen, dass er der mit Abstand coolste und lustigste Autor deutscher Zunge ist – mit den bekannten Folgen: Huldigungen vom abseitigen Musik-Fanzine bis hin zu Hans Magnus Enzensberger, Bestsellerstatus und wildeste Spekulationen darüber, wer hinter dem Pseudonym „einzlkind“ stecken könnte. Wahr ist, dass das Debut Harold (2010) das erste unverlangt eingesendete Manuskript war, das in der fast 40jährigen Verlagsgeschichte der feinen „Edition Tiamat“ tatsächlich gedruckt wurde und wahr ist weiter, dass der hochverehrte Klaus Bittermann dieses Buch (ebenso wie den Nachfolger Gretchen von 2013) mit Liebe, Chuzpe und Verschwiegenheit zu Erfolg und Ehren führte und nun zu Recht etwas traurig über den Verlagswechsel sein darf. Allerdings ist auch dies die verdammte Wahrheit: Billy übertrifft nicht nur die hohen Erwartungen, sondern sogar seine Vorgänger. Erzählt wird die Geschichte eines schottischen Auftragskillers mit Vorliebe für die Philosophie Nietzsches, der durch die Welt geschickt wird, um Mörder zu ermorden. Wie es sich für einen „hardboiled Krimi“ gehört, lässt er sich von den Opfern vorab deren Lebensgeschichte erzählen und gönnt ihnen einen letzten Musikwunsch. Wie es sich ebenfalls gehört, läuft irgendwann alles aus dem Ruder und Billy wird selbst zum Gejagten. Fulminanter Showdown inklusive. In Las Vegas. Wo sonst.
Diese „pulp fiction“ ist allerdings derart gescheit und umwerfend witzig gebaut, dass man einem der integersten Literaturkritiker dieses Landes, Prof. Erhard Schütz, nur beipflichten kann, wenn er im MAGAZIN konstatiert: „Alles in allem haben wir es mit einem atemberaubend einfallsreichen, sprachlich feinst gelungenen, zugleich abgründig intelligenten Thriller zu tun.“
Ich würde gar weitergehen und behaupten: Gesetzt den Fall, dass Quentin Tarantino je einen Storyliner oder Dialogautor für seine Filme anheuern wollte, er hätte beide schon gefunden; in Personalunion des „geheimnisvollen Bestsellerautors einzlkind“ (Süddeutsche Zeitung), der sich im Gegensatz zu den selbstdarstellenden Pointendrechslern hierzulande angenehmst zurückhält und nichts als seine Texte für sich sprechen lässt. „PENG!“

einzlkind, Billy. Roman. Insel Verlag, 18,95 €

von Jess Jochimsen, Kabarettist, Autor, Fotograf, siehe http://www.jessjochimsen.de.