Literatenporträts

Was wäre die schreibende Zunft ohne ihre Dienstleister? Wo man hinschaut spannende Persönlichkeiten, die Aufmerksamkeit verdient haben! Sie planen und realisieren Lesungen, Schreibwerkstätten oder Poetry-Slams. Sie veranstalten Literaturreisen oder -führungen.  Publizieren Bücher, bringen ein Literaturmagazin heraus. Korrigieren, lektorieren, übersetzen. Rezensieren, berichten oder porträtieren. Sie coachen oder arbeiten als Literaturagentin … Und das alles in der Region Freiburg.  Auch für sie haben wir uns fünf Fragen ausgedacht, siehe unten.

Natürlich haben wir selbst schon viele Ideen, wen wir ansprechen wollen. Aber wir freuen uns auch, wenn Sie sich bei uns melden oder jemand empfehlen wollen! Neben der Antworten auf die fünf Fragen brauchen wir noch eine Kurzvita und ein Bild.

Das Literatenporträt

  1. Sie sind ein(e) Dienstleister(in) in Sachen Literatur – aber was machen Sie eigentlich genau?
  1. Warum lieben Sie (manchmal), was Sie tun?
  1. Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt? Warum?
  1. Wann finden Sie Literatur – oder auch den Literaturbetrieb – langweilig?
  1. Worauf kommt es Ihrer Erfahrung nach an, um als Autor(in) im heutigen Literaturbetrieb zu bestehen?

Haben Sie Lust, uns Auskunft zu geben? Möchten Sie jemand vorschlagen? Dann schreiben Sie an redaktion@freiburger-schreibkiste.de .

 

5 Fragen an …
Martin Bruch

Martin Bruch
mit der Autorin Katja Petrowskaja

Sie sind ein(e) Dienstleister(in) in Sachen Literatur – aber was machen Sie eigentlich genau?
Wir sind Scouts, Programmmacher, Gastgeber. Doch gerade sorgen wir im Literaturbüro vor allem dafür, dass im Herbst ein neuer Ort für die Präsentation und  Produktion zeitgenössischer Literatur eröffnet werden kann: das Literaturhaus Freiburg.

Warum lieben Sie (manchmal), was Sie tun?
Weil ich mich (immerzu!) mit Neuem beschäftigen darf und (fast immer!) mit Anregendem: ob das Räume sind, die einem Bücher eröffnen, oder Räume, die ein neues Haus für Literatur ausmachen.

Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt? Warum?
„Das erste Buch“, eine Suhrkamp-Anthologie mit Texten von 92 Autorinnen und Autoren, die sich erinnern, zurückblättern und viele erhellende, persönliche Einblicke in ihre Arbeit geben. Marcel Beyer schreibt zum Beispiel von seinem blinden Fleck, Brixton, Ilse Aichinger von einem Debakel, Franzobel von Pickeln und Alexander Kluge über verworfene Texte, zu denen er eine besondere Zuneigung hegt – und dann entlässt er kurzerhand zwei solcher verworfenen Lieblinge ins Buch, das wunderbar zu den kurzen Wegen passt, die meine Tage gerade strukturieren.

Wann finden Sie Literatur – oder auch den Literaturbetrieb – langweilig?
Über die Langeweile habe ich neulich gelesen, dass es sie erst seit gut 300 Jahren gibt – vielleicht sollten wir ihr noch eine Chance geben.

Worauf kommt es Ihrer Erfahrung nach an, um als Autor(in) im heutigen Literaturbetrieb zu bestehen?
Gute Frage! Wenn es nach mir ginge: die eigene literarische Stimme.

Martin Bruch, geboren 1984 in Siegen. Er studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim, Rom und Berlin und war Mitherausgeber der Literaturzeitschrift BELLA triste. Nach Tätigkeiten im Frankfurter Verlag weissbooks.w und in der Zentrale des Goethe-Instituts leitet er seit 2014 das Literaturbüro Freiburg.

 

 

5 Fragen an …
Katharina Knüppel

1. Sie sind eine Dienstleisterin in Sachen Literatur – aber
was machen Sie eigentlich genau?
Sehr unterschiedliches, das im Regelfall in eine Veranstaltung mit Autorenmündet. Vorher passiert aber bereits eine Menge: den Literaturbetrieb beobachten, zu Buchmessen fahren, Texte lesen, mit Verlagen und Autoren korrespondieren, Förderanträge stellen, Programmtexte schreiben, Newsletter versenden, Stühle rücken, Wassergläser befüllen. Und danach geht es weiter: Stühle abbauen, Honorare ausbezahlen, die Veranstaltung dokumentieren, den Pressespiegel pflegen – und die nächste Lesung planen. So sieht unser „Kerngeschäft“ aus. Daneben passieren aber noch ganz andere Dinge: Türklinken auswählen für das neue Literaturhaus, das wir im Herbst in der Innenstadt beziehen, im Sommer mit dem Freileser-Fahrrad die Freibäder ansteuern, Stadtspaziergänge mit neu angekommenen und alteigesessenen Freiburgern im Rahmen der internationalen Stadtkarten-Werkstatt „Mapping Freiburg“, für die wir gerade eine abschließende Ausstellung im Stadttheater konzipieren …2.Warum lieben Sie (manchmal), was Sie tun?
Das hängt mit der Antwort auf Frage 1 zusammen, dem großen Abwechslungsreichtum. Hier im Literaturbüro gleicht keine Woche der anderen, ständig dürfen wir uns mit neuen Texten, neuen literarischen Stimmen, neuen Ideen auseinandersetzen. Das empfinde ich als großes Privileg – und große Freude.

3. Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt? Warum?
Der Lyrikband der diesjährigen Peter-Huchel-Preisträgerin Orsolya Kalász: Das Eine. Sie zaubert in einfacher, klarer Sprache und ganz ohne Pathos anrührende Bilder für die Liebe.

4. Wann finden Sie Literatur – oder auch den Literaturbetrieb – langweilig?
Auch hier kann ich mit Verweis auf Frage 1 antworten: Eigentlich nie.

5. Worauf kommt es Ihrer Erfahrung nach an, um als Autor(in) im heutigen Literaturbetrieb zu bestehen?
Die Frage wissen Verleger und Agenten sicher anders zu beantworten als Literaturveranstalter. Von unserer Seite bieten wir regelmäßig offene Werkstätten für Übersetzer und Schreibende an, die nicht nur der Textarbeit dienen, sondern auch eine Plattform für den Austausch über ebendiese Frage bieten.

Katharina Knüppel arbeitet seit Mai 2016 in den Bereichen Programm, Presse und Projekte im Literaturbüro Freiburg, das sich im Herbst 2017 als Literaturhaus neu erfinden wird. Zuvor hat sie an der LMU München ihre Promotion zu Samuel Becketts Nachwirken im 21. Jahrhundert beendet, während der sie als freie Lektorin, Übersetzerin und Redakteurin tätig war, u.a. für den Prestel Verlag München. Bereits während ihres Studiums der Fächer Komparatistik, Romanische Philologie und Medien- und Kommunikationswissenschaft in Göttingen und Lausanne hat sie im Literarischen Zentrum Göttingen ein Volontariat im Bereich Literaturmanagement absolviert und im Anschluss in verschiedenen Kulturinstitutionen wie dem Fernsehsender arte, dem Festival LINIEN für Neue Musik und der Galerie Kunsttempel Kassel Erfahrungen gesammelt.

 

5 Fragen an …
Murielle Rousseau

Sie sind eine Dienstleisterin in Sachen Literatur – aber was machen Sie eigentlich genau?

Wir sind eine auf Kultur – mit Literatur als Schwerpunkt – spezialisierte Agentur für PR und verstehen uns als eine „Kontaktschmiede“, als Schaltstelle zwischen Verlagen, Kulturinstitutionen oder Museen und dem Markt. Unser Know-How ist Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Textarbeit. Wir transportieren Kultur, Themen und Autoren in die Medien und bringen sie Multiplikatoren nahe. Und dies nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern international. BUCH CONTACT hat an die 20 Mitarbeiter. Ich führe die Agentur zusammen mit meiner Agenturpartnerin Ulrike Plessow in zwei Büros, eines in Freiburg und eines in Berlin. Wir operieren dauerhaft oder projektbezogen für ein Buch oder für ein komplettes Verlags-Programm, für einen einzelnen Autor, für eine ganze Reihe, einen Event, eine Ausstellung, ein Museum oder eine Buchmesse. Wir werden auch gefragt, ob wir im Bereich Buch eine Spezialisierung haben: Nein, denn im Bereich Buch vertreten wir vor der Öffentlichkeit alle Produkte, die im Buchhandel vertrieben werden, selbstverständlich auch Hörbücher und Non-Books. Dabei sind die klassische Pressearbeit und Veranstaltungen jeder Art wie Pressekonferenzen, Buchpräsentationen oder Vortragreisen für uns ein Tagesgeschäft. Besonders interessant ist unsere Arbeit für die internationalen Buchmessen, so betreuen wir die PR zur London Book Fair z.B., haben jahrelang die Cookbook Fairs im europäischen und asiatischen Raum betreut und gestalten gerade die PR zum Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Da müssen wir viel reisen. Zudem gestalten wir Texte jeder Art und in allen Varianten, Newsletter, Pressetexte und -mitteilungen, Vita-Texte oder Akquisen. In allen diesen Bereichen ist Kreativität sehr wichtig. In der Beratung von Verlagen und Kulturinstitutionen fertigen wir auch Gutachten, Medien-Analysen und Auswertungen – da ist wiederum Objektivität gefragt. Zu unserem Aufgabenbereich gehören zusätzlich auch ab und zu die individuelle Beratung von Autoren und die Maßnahmenplanung, ergänzend zu dem, was ein Verlag macht.

Warum lieben Sie (manchmal), was Sie tun?

Hauptsächlich ist es meine Begeisterung für die Künste und die Freude am Kommunizieren. Durch die Zusammenarbeit mit Verlagshäusern, Museen, Buchmessen und Autoren stehe ich in Kontakt mit spannenden Unternehmen, Einrichtungen, Institutionen und vor allen Dingen den Menschen dahinter. Kein Tag ist wie der andere und jedes Projekt ist eine neue, für mich enorm spannende Herausforderung. Diese Arbeit mache ich seit über 25 Jahren und vor ca. 22 Jahren habe ich mich mit der Agentur selbständig gemacht. Ich freue mich dennoch jeden Tag die Treppe zu unserem Büro zu nehmen. Und oft, wenn ich ein Buch in die Hände bekomme, das wir als Agentur betreut haben, ist es wie Weihnachten. Es ist spannend, konkret daran zu arbeiten, wie aus einem losen Projekt ein Buch wird, zu sehen, wie alle an diesem arbeitenden Abteilungen – wir mit der Gestaltung der PR – wie feine Rädchen zusammenkommen und im Idealfall so funktionieren, dass das Projekt ein Erfolg am Markt wird.

Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt? Warum?

Gerade habe ich den anspruchsvollen „Kompass“ von Mathias Enard fertig gelesen. Wir betreuen den Goncourt-Preisträger im Rahmen unserer PR-Aufgaben für Frankreich als Ehrengast der kommenden Frankfurter Buchmesse, eines der größten Buchbranchen-Projekte, die wir jemals betreut haben, und dazu auch noch eines, das mit meinem Heimatland zu tun hat. Ich betrachte die Bücher als Gesamtes. Ein auch haptisch gut gestaltetes Buch, das auf den Inhalt des Buches abgestimmt ist, beeindruckt mich z. B..  Buchformat, Papierart, Klappentext, Farben und Inhalt sind bei Enard gut gelungen.

Wann finden Sie Literatur – oder auch den Literaturbetrieb – langweilig?

Im Literaturbetrieb haben wir das Privileg, uns beruflich mit der Literatur und die Welten, die sie öffnet zu beschäftigen. Wir sind umgeben von Kunst und werden jeden Tag aufs Neue inspiriert. Auch nach mehr als 25 Jahren in der Kultur- & Literaturbranche weiß ich das zu schätzen. Von Langeweile kann nicht die Rede sein, jeder Tag ist anders, der Agenturbetrieb ist schnell, aufregend. Es passiert so viel, spannende Projekte erreichen uns täglich, wir reisen viel und wir freuen uns über die Presse-Resonanz zu den Literatur- und Kulturprojekten.

Worauf kommt es Ihrer Erfahrung nach an, um als Autor(in) im heutigen Literaturbetrieb zu bestehen?

Ein überzeugendes Konzept ist Voraussetzung, mit Abgrenzung zur Konkurrenz, mit schlagenden Argumenten etc. Doch es kommt auf viel mehr an. Die sog. Vermarktung des Buches und die Präsenz des Autors in den, auch sozialen, Medien und direkt beim Publikum sind ausschlaggebend. Denn, ob Leipzig oder Paris: Die Nähe zum Publikum sagt dem Autor unmittelbar, wie er ankommt. Wichtig sind auch der Zeitpunkt und das Timing. Es gibt zu jeder Zeit bestimmte Themen, die besondere Aufmerksamkeit genießen, da ist es wichtig diesen Zeitpunkt zu nutzen oder eben abzuwarten. Dieses feine Zeitgefühl, die Vernetzung mit anderen, auch über soziale Medien und ein ausgeprägtes Marktverständnis bilden die Grundlage für ein erfolgreiches Bestehen im modernen Literaturbetrieb. Das alles nützt aber nichts – in einem immer konkurrenzbeherrschten Literaturbetrieb – wenn der Faktor Einmaligkeit nicht existiert. Hier müssen Sie sich die Frage stellen: Was macht mein Schreiben, was macht mich als Autor unverwechselbar? Letzten Endes werden immer andere über Sie urteilen.

Murielle Rousseau

Agentur-Gründerin, Autorin & Moderatorin, Consultant. Geboren 1966, aufgewachsen in Paris. Lycee International de St.Germain-en-Laye. Studium der Lettres modernes spécialisées (Literatur & Medienarbeit), Germanistik, Linguistik und Romanistik in Paris (Sorbonne) und Freiburg.

Berufliche Stationen im Bereich Lektorat, PR und Lizenzen beim Hoffmann & Campe Verlag, Rowohlt Verlag, Oetinger Verlag, Argument Verlag und zuletzt Kellner Verlag, Hamburg. 1995 Gründung der PR-Agentur BUCH CONTACT. Jetzige Standorte Freiburg und Berlin. Gründungsmitglied des überregionalen Arbeitskreises Verlagspressesprecher e.V. (AVP) und Leitung der Regionalgruppe Südbaden des AVP und Schweiz. Lehraufträge an der Albert-Ludwig Universität Freiburg im Fachbereich Germanistik zum Thema „Kultur-& Verlags-PR“, beim ZfS der Universitäten Freiburg und Mannheim sowie als Professeur im Masterstudiengang Édition an der Université de Strasbourg. Consultant-Aufträge und Vorträge im In- & Ausland. Autorin seit 2007 mehrerer Bücher im Bereich Lifestyle & Food beim Gerstenberg Verlag, Jacoby & Stuart Verlag sowie Christian Verlag. 2017 erscheinen gleich zwei neue Bücher: „Die geheimen Schätze der französischen Küche“ beim Busse-Seewald Verlag und ein erzählerisches Buch, „Savoir vivre“, beim Suhrkamp/Insel Verlag.

Anfangssatz des Lieblingsbuches: „Nous étions à l´étude, quand le Proviseur entra, suivi d´un nouveau habillé en bourgeois et d´un garçon de classe qui portait un grand pupitre. Ceux qui dormaient se réveillèrent, et chacun se leva comme surpris dans son travail.”
(Gustave Flaubert: Madame Bovary)

2017 erscheinen gleich zwei neue Bücher: „Die geheimen Schätze der französischen Küche“ beim Busse-Seewald Verlag und ein erzählerisches Buch, „Savoir vivre“, beim Suhrkamp/Insel Verlag.
www.buchcontact.de

 

5 Fragen an …
Dorothée Leidig

Sie sind eine Dienstleisterin in Sachen Literatur – aber was machen Sie eigentlich genau?

Meine Arbeit kann man in zwei Bereiche unterteilen: in die Einzelarbeit und in die Arbeit mit Gruppen.
In der Einzelarbeit berate und unterstütze Menschen bei ihren Schreibprojekten – vom Gedicht bis zur Doktorarbeit.  So verschieden wie die Texte sind auch die Menschen, die sich an mich wenden. Die gemeinsame Arbeit am Text hat deshalb stets eine sehr individuelle Farbe: Die eine braucht mehr Strukturhilfe, der andere ringt mit dem ersten Satz, dem Plot oder der Figurengestaltung, eine Dritte sucht vor allem Motivation und moralische Unterstützung, mit wieder einer anderen diskutiere ich sprachliche Feinheiten.

Meine Erfahrung zeigt, dass die allermeisten Menschen über weit mehr Potenzial verfügen, als ihnen bewusst ist. Deshalb ist es mir wichtig, die AutorInnen auch dabei zu unterstützen, ihre eigenen Möglichkeitsräume zu entdecken und auszuloten, die eigene (Schreib)Stimme zu entfalten, ihr zu vertrauen und so den eigenen Fluss zu finden. Mit der eigenen Kraft zu gehen, statt sich gegen sie abzuarbeiten, erleichtert so vieles. Ein großer Teil der Zusammenarbeit geschieht telefonisch und per E-Mail, mit den meisten AutorInnen treffe ich mich mindestens einmal persönlich; wenn sie in Freiburg und Umgebung wohnen, auch mehrmals oder regelmäßig.

Neben der Einzelarbeit steht die Arbeit mit Gruppen: Schreibwerkstätten (demnächst auch Schreibspaziergänge) sowie Bildungsurlaube und Seminare, in denen ich professionelle und kreative Methoden des Schreibens vermittle, wobei mir Individualität und Leichtigkeit sehr wichtig sind. Für Bildungsurlaub gibt es übrigens seit 2015 auch in Baden-Württemberg 5 Tage Sonderurlaub pro Jahr.

Warum lieben Sie (manchmal), was Sie tun?

Die Vielfalt der Menschen und Texte, die mir bei meiner Arbeit begegnen, begeistert mich immer wieder. Ich empfinde es als ausgesprochen erfüllende Aufgabe, anderen dabei helfen zu dürfen, ihre Potenziale auszuschöpfen, ihre Kreativität freizusetzen und sie für Sprache zu sensibilisieren. Die handwerklichen Fortschritte zu sehen oder an der Erleichterung teilzuhaben, wenn jemand es geschafft hat, eine Arbeit, die als unüberwindliche Hürde schien, rechtzeitig fertig zu bekommen und abzugeben.

Wenn ich am Ende eines Seminars höre: „Schade, dass es schon vorbei ist“ und die TeilnehmerInnen voller Ideen für ihr Schreiben nach Hause gehen, weiß ich, dass ich genau die richtige Arbeit mache.

Welches Buch hat Sie zuletzt beeindruckt? Warum?

Das war Anfang dieses Jahres John Steinbecks schmales Bändchen Von Mäusen und Menschen, die Geschichte zweier Wanderarbeiter, die von einem besseren Leben träumen und scheitern. Obwohl die Geschichte schon 80 Jahre alt ist, wirkt sie absolut frisch. Was mich – bei Steinbeck immer wieder – beeindruckt, ist die Meisterschaft, mit der er in wenigen Sätzen und Andeutungen seine Figuren so lebendig, einzigartig und glaubwürdig werden lässt, dass sie sich ins Gedächtnis einbrennen. Steinbeck braucht nichts Spektakuläres oder Mysteriöses, um Spannung aufzubauen und bis zum letzten Moment zu halten.

Wann finden Sie Literatur – oder auch den Literaturbetrieb – langweilig?

Ich langweile mich bei Büchern, die zwar handwerklich sauber wie aus dem Lehrbuch daherkommen, aber nichts zu erzählen haben. Ich langweile mich bei modischen Floskeln, Worthülsen und Blähwörtern, wenn ich die sprachliche und inhaltliche Sorgfalt vermisse oder wenn mir der erhobene Zeigefinger entgegenwinkt.

Worauf kommt es Ihrer Erfahrung nach an, um als Autor(in) im heutigen Literaturbetrieb zu bestehen?

Auf diese Frage habe ich keine allgemeingültige Antwort, denn es hängt sehr davon ab, in welchem Genre man bestehen muss oder möchte. Der Sachbuchmarkt stellt z. B. ganz andere Anforderungen als die Krimi- oder Fantasy-Sparte. Was man sicher immer braucht, sind Durchhaltevermögen, solides Handwerkszeug und eine gute Portion Glück.

 

Dr. Dorothée Leidig unterstützt seit 1997 Menschen bei ihren verschiedenen Schreibprojekten, zunächst vor allem bei wissenschaftlichen Arbeiten. 2009 sind die literarischen Projekte dazugekommen, die inzwischen den Hauptteil ausmachen. Fachliche Grundlage für ihre Arbeit sind neben der langjährigen Tätigkeit als Wissenschaftlerin zahlreiche Aus- und Fortbildungen, darunter: Studium der Fächer Germanistik, Ethnologie, Ur- und Frühgeschichte u. a.,Promotion in Germanistik, Ausbildung in systemischer Beratung und Fortbildungen in Dramaturgie, Erzähltechniken, Textstruktur, Didaktik, Vortragstechnik u. a.
Zu ihren Veröffentlichungen zählen eine lange Reihe an Sach- und Fachtexten sowie literarische Texte in Literaturzeitschriften und Anthologien. Sie war Stipendiatin des Förderkreises deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg und Teilnehmerin des Irseer Pegasus.
Mehr Infos unter http://www.textsieben.de