Ulrike Halbe-Bauer im Autorenporträt. Sie schreibt mit Füller – und mit dem Fließen der Tinte fließen bei ihr auch die Einfälle.

  1. Stellen Sie sich vor, Sie könnten sich selbst beim Schreiben zusehen – wo und wie schreiben Sie?

Erste Entwürfe mit einem meiner guten Schreibgeräte (Füller), da ich sehr gerne Buchstaben male und Seiten damit fülle, auch wenn es schnell gehen soll. Mit dem Fließen der Tinte fließen auch die Einfälle. Dabei muss ich nicht am Tisch sitzen, funktioniert auch im Zug, unter Leuten, im Liegestuhl im Garten. Die zweite Fassung entsteht am Computer, dort fließt es inzwischen auch und die vielen Korrekturen, Ergänzungen muss ich nicht mehr zwischen die Zeilen quetschen.

  1. Und wie machen Sie Pause?

Schlecht zu sagen. Ich schreibe meist ohne Pause, so lange ich Zeit habe. Dann kommt eine Unterbrechung und andere Dinge sind wichtig. Am liebsten sind mir Zeiten im Garten, wo ich vor mich hin werkele und mir oft gute Einfälle kommen. Anders ist das beim Radfahren, da bin ich nur auf Verkehr und Landschaft konzentriert.

  1. Wie ist es zu Ihrer ersten (größeren literarischen) Veröffentlichung gekommen?

Ich habe ziemlich viele Verlage angeschrieben und damals (1982) noch viele freundliche Absagen bekommen, auch mit Änderungsvorschlägen. Zum Schluss habe ich es bei einem universitären Verlag versucht und die haben die Erzählung “Propheten im Dunkel” als Beiprogramm ohne Wenn und Aber genommen.

  1. Woran erkennen Sie einen guten Text?

Der Text muss mich inhaltlich und formal in irgendeiner Weise ansprechen, z.B. die Personen treten in einer Weise auf, dass ich aufmerke. Ähnlich ist das bei den Sätzen. Die müssen mich ein wenig durchschütteln. Wenn ich jeden Satzanfang zuendeführen kann, ohne das Ende gelesen zu haben, hört der Spaß bald auf.

  1. Was bestimmt Ihren Alltag – neben dem Schreiben?

Mein Freundeskreis, der Garten, die Vorträge, die ich halte, Bücher lesen, Radfahren. Die Fahrten, die ich mit meinem Mann unternehme, an Orte, wo er fotografiert und ich recherchiere oder Zeit habe, zu schauen.

Ulrike Halbe-Bauer ist 1949 in Warendorf/Westfalen geboren. Studium der Germanistik und Geschichte in Münster und Freiburg. Einjähriger Schottlandaufenthalt. Referendariat und Lehrtätigkeit an Hamburger Gymnasien. Seit 1979 schreibt und übersetzt sie in Freiburg und hat lange in der Erwachsenenbildung unterrichtet. Sie veranstaltet Lesungen zu ihren Frauengeschichten. Seit 2009 hat sich eine rege Zusammenarbeit mit der Pianistin Elisabeth Stäblein-Beinlich entwickelt, die sich insbesondere der Musik von Komponistinnen verschrieben hat. Die Autorin liest auch an Schulen und/oder hält Vorträge zur Frauen- und Sozialgeschichte.

Bücher

Claire – Roman über zwei Frauen in der BRD zwischen 1944 und 2007, Wellhöfer Verlag, Mannheim 2019

Schwalben über dem Fluss – 1848 in Baden, Roman über die badische Revolution in erster Linie aus der Sicht von einer Arbeiterin und einer Fabrikantengattin, Wellhöfer Verlag, Mannheim 2017

Mein Agnes – Die Geschichte der Agnes Dürer, biographischer Roman,Stieglitz Verlag, Mühlacker, 1996, 2. Aufl. 97 (Estnische Ausgabe: Minu Agnes. Naine Albrecht Düreri Korval, Kunst Verlag, Tallin 1999 ( TB: Brunnen, Verlag , 4.Aufl. 2008, TB Wellhöfer: Mannheim 2013, 2.Aufl. 2017)

Olympia Morata – In Heidelberg lockte die Freiheit, TB. Wellhöfer: Mannheim Herbst 2012 (vorher Brunnen)

Ich mache es auf meine Art – Bedeutende Künstlerinnen, zusammen mit Brigitta Neumeister-Taroni, erzählende Kurzbiografien mit über 100 Illustrationen, belser Verlag, 2011. Unter anderem geht es um Rachel Ruysch, Paula Modersohn-Becker, Rosa Bonheur, Käthe Kollwitz

Er, ich und die Kunst – Die Frauen der Künstler, zusammen mit Brigitta Neumeister-Taroni, erzählende Kurzbiografien (z.B. Martha Liebermann, Gala Dalì)

Margarete Steiff – Ich gebe, was ich kann, biografischer Roman, Brunnen Verlag, Gießen, 4.Aufl. 2010 (ebenfalls 2010 japanische Ausgabe)

Olympia Morata. Das Mädchen aus Ferrara, (erste weibliche Hochschullehrerin) biographischer Roman, Brunnen Verlag Gießen, 2004

Propheten im Dunkel – Kunne Brockötter erzählt vom Täuferreich zu Münster, Erzählung, Münster 1984; 2., überarbeitete Fassung 1992 unter dem Titel

Kunne die Magd, Brunnen Verlag Gießen, 2005, holländische Ausgabe 2005

Paracelsus. Verachtet, gefeiert, gejagt, historischer Roman, Stieglitz Verlag, Mühlacker 1992